Die jüngste Schreckensbotschaft der Schweizerischen Post, die Ankündigung der Schliessung von gut 40%  aller Poststellen, ist nur die nächste der wohldosiert verabreichten Überraschungen aus der Zukunfts-Schublade des Managements; weitere liegen bereit und werden folgen, sobald sich die Entrüstung etwas gelegt hat oder man von Anderem abgelenkt ist. Die ‹Innovationen›, die in regelmässigen Abständen zu Schocktherapien für die Allgemeinheit führen, sind längst beschlossene Sache und zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe bereits uralt. Zweifelsfrei wurde die Geschäftsleitung durch das fade Nein zur mit Lügen bekämpften ProServicePublic-Initiative ermutigt, nicht nur im selben Stil weiterzumachen, sondern ihre demontierenden Bemühungen noch zu steigern. Die unfassbaren Eingriffe am lebenden Postorganismus erfolgen jedesmal unter Berufung auf ‹Kundenbedürfnisse›, Dankbarkeit ist also am Platz. «Sie sind der Postchef» schreit es vulgär von der Plakatwand, ein Maximum an Veräppelung des ausgelieferten Postkunden. Die Post tut, was sie will. Das ist die Post-Moderne.
Wir können also getrost sein, dass sie in ein paar Jahren, wenn ihr Mediensprecher das letzte Türchen des Post-Adventskalenders öffnet, nur noch aus einer Software besteht – und dem Kader, denn jemand muss ja von der laufenden Gewinnoptimierung profitieren. Man spricht dann nur noch mit Robotern, an der Haustür, am Telefon, im selbstfahrenden Bus, natürlich nur schriftdeutsch oder englisch. «Die Innovation bringt uns näher zusammen» belehrt uns die Post auf den schönen, neuen Werbemonitoren im Postauto – schöne, neue Welt. Doch noch ist es nicht ganz so weit. Denn:

Ich bin so glücklich. Ab nächsten Februar darf ich endlich meine Einzahlungen und Paketaufgaben in einer Apotheke tätigen, obwohl ich nicht krank bin. Also zuerst warten, bis alle Krankheits- und Gesundheits-Kunden vor mir bedient worden sind und ihren Nasenspray und ihre Fusscreme gefunden haben. Ich freue mich auch schon darauf, dass ich danach, wenn ich an der Reihe bin, freundlich gefragt werde, ob ich schon eine Kundenkarte habe, oder einen Gesundheits‑Coach, oder ob ich den Newsletter der Apotheke schon erhalte, oder ob ich nicht sonst noch etwas brauche, weil gewisse Produkte diese Woche gerade besonders günstig (sog. Apotheker-Preise) wären. Ich werde also schon bald in einer Apostheke© verwöhnt.

Das griechische Wort für Abfall ist Apostase. Niedergang, ab‑ und weg-fallen von einem erhabenen, verbindlichen zu einem profanen, unverbindlichen Zustand, treulos werden, aufgeben, vernachlässigen, desertieren. Die Apostheke ist demnach die Apostase der Post von ihrem hoheitlichen Kernauftrag. Sie wird ihrem Auftraggeber untreu und hat mehr Gefallen an Gewinn und Mammon. Das kommt mir irgendwie bekannt vor.

 

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© LAUTgedacht  November 2016